Geschichte der Mineralwässer von Innichen
Der Geschichtsschreiber Josephus Plaseller sagt über diese Quellen: "Natura in valle foro Inticae vicina aquis soteriis provocandis prodigior erat quam in aliis locis." Auf deutsch: "In dem Tal nahe dem Dorf Innichen war die Natur freigiebiger als anderswo, da sie hier Heilquellen hervorgebracht hat."
Damit beschreibt und definiert er genau die therapeutische Wirksamkeit der Innichner Mineralquellen. Sie waren schon in der vorrömischen und römischen Zeit bekannt und beliebt.
Die Illyrer waren die Urbewohner dieses Gebietes, wobei in der Nähe der Quellen illyrische Gefäße aufgefunden worden sind.
Zwischen den Überresten der ehemaligen Heilbäder wurden Münzen und römische Statuen gefunden: Die ersten Münzen stammen aus der Vespasianischen Zeit (69 - 79 n. Chr.) und reichen bis zu Antoniue Pius (138 - 161 n. Chr.).
Interessant ist der Fund einer schönen Zeus darstellenden Bronzestatue, die sich jetzt im Innsbrucker Museum Ferdinandeum befindet. Die alten Römer verehrten Zeus als Schutzherrn der Thermen. Im Bereich des Quellgebietes gab es ein römisches Castrum: "Littamum". Geschichtsschreiber vermuten seinen Standort an der Stelle, die von den Einheimischen "Burg" genannt wird (also in der Nähe der Mineralquellen). Es ist wahrscheinlich, dass die aus Aquileja kommenden römischen Soldaten auf dem Marsch zu den Donaugebieten, nach langer mühsamer Reise in den damals üblichen engen Wagen, in diesem Castrum Rast gehalten und in den nahen schwefelhaltigen Innichner Wässern ein belebendes Bad genommen haben.
Später, im Mittelalter, wurden die Mineralquellen für Heilzwecke genutzt.
Im 8. Jh. wurde in Innichen eine Benediktinerabtei errichtet mit der Absicht, dadurch u.a. die Missionierung der eingesessenen slawischen Bevölkerung voranzutreiben.
Die Mönche bauten auch eine Stiftskirche, die im Laufe der Jahrhunderte mehrmals vergrößert und umgebaut wurde. In ihrer heutigen Form zählt sie zu den reifsten und reichsten romanischen Bauten des Alpengebietes.
Die Benediktiner vom Innichner Stift verwalteten das Wildbad bis Ende des 16. Jh. Die Heilquellen erfreuten sich in dieser Zeit zunehmender Beliebtheit. Im Jahre 1591 ließ der Innichner Dekan Hieronymus Schüssler - auf Bitten und mit Hilfe von Stiftungen vieler bedeutender Persönlichkeiten, die durch die Thermalkuren Wohltat und Genesung erlangt hatten, in der Nähe der fünf Mineralquellen eine Kapelle (im Volksmund "Salvatorkirchl") errichten. Im religiösen und mystischen Glauben der Zeit sprach man dem Wasser eine übernatürliche Kraft zu, mit deren Hilfe der Genesungssuchende von seinen körperlichen Leiden befreit zu werden glaubte.
Vom 17. bis 19. Jahrhundert wurden die Quellen des Wildbades samt Badeeinrichtungen von den Benediktinern an weltliche Pächter zur Verwaltung abgetreten.
Den Urkunden des Pachtvertrages, vor allem der Inventarliste, entnehmen wir, dass die Heilbäder weitgehend in ihrem ursprünglichen Zustand belassen worden waren. Deswegen der Name "Wildbad". Seine Bedeutung lag ausschließlich in der therapeutischen Heilkraft des Wassers und nicht in der Anwendung anderer Kuren oder Behandlungen.
Die ersten chemischen Analysen und modernen wissenschaftlichen Untersuchungen der Innichner Mineralquellen wurden im Jahre 1869 an der Innsbrucker Universität von Professor Dr. Hugo v. Gilm durchgeführt. Die Dokumente der kaiserlichen Archive in Innsbruck besagen, dass die Ergebnisse der Analysen und Untersuchungen alle Erwartung übertrafen. Der Dekan der Medizinischen Fakultät, Professor Schaepfer, erklärte, dass das Wasser von ausgezeichneter Qualität und bedeutend besser als jenes anderer, damals berühmter Gebiete sei.
Infolge dieser Ergebnisse und nach Untersuchungen an der Wiener Universität entstand ein wahrer Wettstreit um die kommerzielle Verwertung der Quellen. Es wurde ein öffentliches Komitee, bestehend aus Vertretern verschiedener Gemeinden und Privatleuten gebildet, dem der Bezirkshauptmann von Bruneck vorstand.
Gebäude, Grund und Lizenz wurden im Jahre 1854 vom Grafen Doktor Scheiber, einem Arzt ungarischer Herkunft, erworben. Er baute ein großes Thermalhotel, das später von seiner Tochter und deren Mann, Graf Bercker, ausgebaut und erweitert wurde, so dass ein luxuriöses Zentrum mit Kurräumen, Saunen, Dampfbädern, geräumigen Sälen mit Wannen und Becken für hydropinische Behandlungen entstand; es gab außerdem Lese-, Musik-, Tanz- und Spielsäle und allen modernen Komfort der Zeit.
So wurde das Grand Hotel "Wildbad" zu einem Kurzenturm, das sich bald zum Treffpunkt der privilegierten Kreise der mitteleuropäischen Gesellschaft entwickelte.
Die weiteren physikalisch-chemischen Analysen der Innichner Mineralquellen wurden 1947 durch die Professoren Betti und Bonino der Universität Bologna durchgeführt. Diese bestätigten, dass sowohl die Zusammensetzung des Quellwassers als auch die Wasserführung der Quellen über die Jahrhunderte unverändert geblieben waren.
Im Jahre 1962 begann Prof. Giovanni Malagò mit der Koordinierung der neuen wissenschaftlichen Untersuchungen. Er ließ das Wasser der fünf Mineralquellen von Innichen nochmals analysieren. Schon die ersten Analysen bestätigten, dass es bakteriologisch rein ist. Prof. Enrico Fiaschi von der Universität Padua unterstreicht nach der ersten Besichtigung des Heilbades in poetisierender Form die Feststellungen des Instituts in Ferrara: "Diese Mineralquellen können nicht anders als rein sein, da sich über ihnen nur der Himmel und die Sterne befinden."